Mad Heidi

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Mad Heidi

Almsploitation-Alarm im Kuh- und Käse-Kosmos!

Ende November sucht der durchgeknallte Almsploitation-Film „Mad Heidi“ die deutschen Kinos heim und erzählt die Geschichte um Heidi, den Alpöhi und den Ziegenpeter völlig neu! Es geht um eine faschistische Käsediktatur, illegalen Käsehandel und ein Regime, das Käsefondue zur Folter einsetzt – noch Fragen? Wir haben uns mit den beiden Regisseuren Johannes Hartmann und Sandro Klopfstein über ihren ungewöhnlichen Film unterhalten…

VIRUS: Stellt euch bitte kurz vor und erzählt uns etwas zu eurem Background als Filmemacher.

Sandro: Vor „Mad Heidi“ habe ich vor allem Musikvideos produziert und ab und zu mal auf Filmsets als Crewmitglied in verschiedenen Rollen gearbeitet. Ich verfüge über keine klassische Ausbildung im Bereich Film, mein ganzes Wissen habe ich mir durchs Filmeschauen und Experimentieren bei Musikvideos beigebracht. Meine Rollen bei „Mad Heidi“ waren vor allem die des Co-Regisseurs und Co-Autors.

Johannes: Wir haben beide nie eine Filmschule besucht und haben stattdessen vor etwa 15 Jahren begonnen, Musikvideos für Bands zu drehen. Dann folgten Werbeaufträge und eigene Kurzfilme. Doch irgendwann haben wir realisiert, dass wir so nicht wirklich kreativ sein können und uns nur selber ausbeuten. Deshalb haben wir uns entschieden: Wenn wir uns schon selber ausbeuten, tun wir das lieber für unsere eigenen Spielfilm-Projekte statt für Auftragsfilme. *lacht*

VIRUS: Wie und wann ist die die Idee zu „Mad Heidi“ entstanden und welche Vision hattet ihr im Vorfeld der Produktion?

Johannes: Als Genre-Fan fand ich es immer sehr schade, dass in der Schweiz praktisch niemand Genrefilme macht. Weil viele Filme über die staatlichen Kulturförderung finanziert werden, ist es sehr schwierig, einen Horror- oder Action-Film finanziert zu bekommen. Viele Filmemacher trauen sich deshalb gar nicht erst, einen Genrefilm zu entwickeln. Diesem Missstand wollen wir entgegentreten. Als ich mir überlegt habe, was für ein Genrefilm nur in der Schweiz gemacht werden könnte, bin ich auf die Idee gekommen, Klischees aus Schweizer Heimatfilmen mit Elementen von Exploitation-Filmen der 70er Jahre zu vermischen – mit all ihren absurden Subgenres wie Blaxploitation-, „Women in Prison“-Filmen, etc. „Mad Heidi“ ist eine Reise durch die Geschichte des Exoploitation-Kinos, gepaart mit ins Absurde gesteigerten Schweizer Klischees.

Sandro: Ursprünglich lag der Fokus noch mehr auf der Schweiz als faschistische Diktatur, erzählt durch die Augen einer nicht-schweizerischen Protagonistin. Die Idee, Heidi zur Heldin unserer Geschichte zu machen, kam uns erst im Laufe der Drehbuchentwicklung.

Johannes Hartmann und Sandro Klopfstein

VIRUS: Die Produktionsqualität des Films ist durchaus hoch. Wie ist es euch gelungen, das Projekt finanziell zu stemmen? Und welche Schwierigkeiten gab es?

Sandro: Die Produktionsqualität konnten wir vor allem dadurch erreichen, weil wir eine Crew hatten, die richtig hungrig danach war, endlich einmal etwas anderes zu machen als einen Standard-Schweizerfilm und sich endlich mal so richtig ausleben zu können. Unsere Vorproduktionszeit war relativ kurz, die Drehtage extrem lang und absolut jede/r hat mehr als nur das Beste gegeben. Trotz all dem hatten wir konstant mit Mangel an Geld, Ressourcen und vor allem Zeit zu kämpfen. Öfters mal mussten wir nach dem Prinzip „Augen zu und durch“ arbeiten. Ziemlich Rock ’n‘ Roll.

Johannes: Dies war nur dank hunderten von Unterstützern aus der ganzen Welt möglich. Zuerst haben wir ohne Budget einen Konzept-Teaser produziert und mit diesem dann eine Crowdfunding-Kampagne lanciert. Doch irgendwann wurde klar, dass wir nicht einen ganzen Film mit Crowdfunding finanzieren können. Deshalb haben wir ein Crowdinvesting-System entwickelt, mit dem Fans bereits ab 500 Franken Investoren werden können. Diese „Mad Investors“ werden nun am Umsatz des Films beteiligt – und wer mehr als 5.000 Franken investiert hat, verdient sogar am Merchandise mit.

VIRUS: Wir haben den Film in seiner englischen Originalfassung gesehen. Weshalb habt ihr euch dagegen entschieden, den Film komplett im Schweizerdeutsch und mit Untertiteln auf den Markt zu bringen?

Sandro: Für mich war von Anfang an klar, dass dieser Film auf Englisch gedreht werden muss. Das Genre des Exploitationfilms ist in meinen Augen bzw. Ohren fest mit der englischen Sprache verbunden, ganz besonders auch wegen der „One-Liners“, die ich mir schlicht nicht in Schweizerdeutsch vorstellen konnte. Ich fühle mich relativ sicher, was die englische Sprache betrifft und hatte nie Angst, ein Drehbuch in Englisch zu schreiben. Hinzu kommt, dass Genrefilme wie „Mad Heidi“ eher ein Nischenpublikum ansprechen und der Markt in der Schweiz somit viel zu klein ist, um jemals etwas Umsatz zu generieren. Dass der Hype jetzt ausgerechnet in der Schweiz weit über diese Nische hinaus schwappte, haben wir nicht wirklich erwartet.

Johannes: Die Schweiz ist halt sehr klein – viel zu klein, um einen solchen Film profitabel machen zu können. Es war aber auch eine kreative Entscheidung. Coole One-Liners, die zum Charme eines guten B-Movies beitragen, funktionieren auf Englisch halt oft viel besser. Deshalb war von Anfang an klar, dass wir die Dialoge auf Englisch schreiben und drehen werden. Es wird aber auch Synchronfassungen in Deutsch und Französisch geben. Wobei wir natürlich dringend empfehlen, den Film in der englischen Originalfassung zu schauen – so, wie wir das Drehbuch geschrieben haben. Viele Witze, die wir uns während hunderter Stunden Drehbuch-Entwicklung ausgedacht haben, gehen in den übersetzten Fassungen verloren.

Dieses Interview und mehr findest du in VIRUS (Ausgabe #110)

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VIRUS: Mit Casper Van Dien (u. a. „Starship Troopers“ und „Sleepy Hollow“) konnte ein echtes Hollywood-Schwergewicht für „Mad Heidi“ gewonnen werden. War er euer Wunschkandidat und wie hat er auf das doch sehr ungewöhnliche Drehbuch reagiert?

Sandro: Wir haben uns lange überlegt, wen wir für diese Rolle anfragen wollen. Klar war, dass es jemand mit „Nerd-Starpower“ sein sollte, im besten Fall jemand, der in einem unserer Lieblingsfilme mitgemacht hat. Schlussendlich war er der einzige, den wir angefragt haben. Er fand das Drehbuch super und war sofort mit an Bord. Die „Starship Troopers“-Referenzen im Film waren übrigens schon lange bevor wir an Casper dachten im Drehbuch.

Johannes: Ja, wir haben nur Casper für diese Rolle angefragt. Als „Starship Troopers“-Fans hat er für uns natürlich Kult-Status. Und dass er immer noch so gut aussieht wie zu „Starship Troopers“-Zeiten, macht seine Figur als größenwahnsinniger Diktator umso interessanter. Casper war sofort vom Drehbuch begeistert. Man hat gemerkt, dass er aus Freude am Projekt mitmacht und nicht des Geldes wegen. Er hat auch sehr gute Stimmung ans Set gebracht – und man hat sofort gemerkt, dass er ein absoluter Profi ist.

VIRUS: Ohne zu spoilern lässt sich feststellen, dass der Film den Kampf der Diversität gegen den Konservatismus thematisiert. War euch das ein besonderes Anliegen?

Johannes: Natürlich macht sich der Film über konservative Elemente lustig. Gleichzeitig nehmen wir den Konservativen aber den Wind aus den Segeln, indem Heidi in unserem Film als Nationalheldin gefeiert wird. Heidi kämpft für die demokratischen schweizer Werte – dagegen kann ja wohl niemand etwas einwenden. *lacht*

Sandro: Wir wollten uns auf keinen Fall dem heutzutage vielfach verwendeten Schema von Diversität und Repräsentation unterwerfen. Der Film sollte einfach in einer Welt spielen, die das Bild der friedlichen, neutralen Schweiz und der direkten Demokratie völlig auf den Kopf stellt. Insofern also eher David gegen den diktatorischen Goliath ad absurdum. Peter wird ja auch nicht wegen seiner Hautfarbe vom Regime gejagt, sondern weil er illegalen Käse produziert.

Mad Heidi

VIRUS: Die Special-FX des Films sind äußerst beeindruckend – und sehr brutal. Wer hat die Effekte geliefert und gab es einen Film, dessen Effekte als Vorbild dienten?

Sandro: Die Special-FX sind unter der Leitung von Miriam Blank entstanden. Die ganz groben Effekte haben Daniel Steffen und David Scherer geliefert. Daniel war schon beim Konzept-Teaser mit an Bord. Ihn konnten wir damals gewinnen, indem wir ihn fragten, welchen Gore-Effekt er schon immer mal machen wollte, aber noch nie die Chance dazu hatte. So ist der gespaltene Soldat entstanden, inspiriert von „Ichi the Killer“.

Johannes: Das Make-up Team wurde von Miriam Blank geleitet. Sie hatte einige Special-FX-Spezialisten in ihrem Team, darunter die Schweizer Daniel Steffen und Valentin Altdorfer, sowie der Franzose David Scherer, der bereits auf über 300 Filmen gearbeitet hat. Weil in der Schweiz praktisch keine Genrefilme gedreht werden, waren die Leute in der Filmcrew besonders motiviert. Für die Special-Effects-Leute, aber auch für die Leute aus dem Kostüm-Department, für das Production-Design-Team und die Stunt-Crew ist die Arbeit an einem solchen Film natürlich viel interessanter als z.B. bei einem „Tatort“. Und seien wir ehrlich: Es macht einfach mehr Spaß, ein paar Köpfe zu sprengen und mit Pyro-Effekten zu spielen, statt ein Gespräch an einem Tisch zu filmen. Deshalb waren alle Schauspieler und Mitarbeiter mit extrem viel Elan bei der Sache und haben mehr als ihr Bestes gegeben, um unseren sehr ambitionierten Plänen gerecht zu werden. Für die Kampfszenen hatten wir lediglich zweieinhalb Wochen Training, und der ganze Film wurde in nur 27 Tagen gedreht. Das ist sehr wenig für einen so umfangreichen Film mit Kampf-Szenen, Stunts und Explosionen. Dass wir das geschafft haben, ist der top motivierten Crew zu verdanken und allen, die uns irgendwie unterstützt haben.

VIRUS: Im Abspann gibt es den Hinweis auf einen zweiten Teil – ist das als Gag zu verstehen oder gibt es tatsächlich bereits Pläne?

Sandro: Es gibt definitiv bereits Pläne. Ob wir diese auch umsetzen können, hängt natürlich auch vom Erfolg des ersten Teils ab.

Johannes: Ja, wir wollen unbedingt eine Fortsetzung drehen. Die Schweiz bietet noch so viele Klischees, die danach schreien, ausgebeutet zu werden. Natürlich hängen diese Pläne noch ein wenig vom Erfolg von „Mad Heidi“ ab. Wenn Der Film so gut läuft, dass unsere Mad Investors glücklich und zufrieden sind, wird es sicher kein Problem sein, ein Sequel zu finanzieren. Deshalb: Geht ab 24. November ins Kino oder schaut euch den Film ab 8. Dezember im kostenpflichtigen Stream auf www.madheidi.com an!

Der Krampus ist auf dem Weg und er hat Ho-Ho-Horror im Gepäck… schließlich haben auch Ghostface, Pinhead, Freddy und Co. ein Recht auf ein angemessenes Weihnachtsfest.

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